Artgerecht Füttern - aber wie?
Wenn man den Begriff „artgerecht“ bei Google eingibt, erhält man in erster Linie Definitionen für artgerechte Haltung.
So heißt es bei Wikipedia: „Artgerechte Haltung bezeichnet eine Form der Tierhaltung, die sich an den natürlichen Lebensbedingungen der Tiere orientiert und insbesondere auf die angeborenen Verhaltensweisen der Tiere Rücksicht nimmt. So versucht sie, vor allem im Unterschied zur Massentierhaltung, sich an die artspezifischen Bedürfnisse der Tiere anzupassen.“
Wenn man diese Definition nun auf die artgerechte Fütterung überträgt, würde das bedeuten, dass man die Fütterung an die artspezifischen Bedürfnisse des Tieres anpasst, sich also überlegen muss, wie sich Pferde in freier Natur ernähren würden. Dort findet man allerdings weder Getreidefelder noch Minerallecksteine. Und genau hier muss die artgerechte Fütterung ansetzen! Zuerst sollte man alles ausschließen, was in der Natur nicht vorkommt. Dass heißt: keine reine Getreidefütterung, Mineralfutter, Minerallecksteine und voll vitaminisierte und mineralisierte Müslis.
Dann muss man sich überlegen, welche Pflanzen in der Natur vorkommen, die zum natürlichen Nahrungsspektrum des Pferdes gehören, aber im Heu nicht mehr enthalten sind. Dies sind vor allem verschiedene Gräser, Kräuter, Moose, Rinden, Blätter, Wurzeln, Früchte/Beeren, … insgesamt sind es über 1000 verschiedene Pflanzenarten, die auf dem Speisezettel des Pferdes stehen.
Dass wir unseren Pferden dies kaum bieten können, ist klar und nun muss man Kompromisse eingehen. In erster Linie sollte die Heuqualität betrachtet werden. Je besser (artenreicher) das Heu, desto weniger muss man zufüttern. Gutes, artenreiches Heu, welches (logischerweise) nicht von Hochleistungsweiden kommt und auch zum richtigen Zeitpunkt geerntet wird (Mitte bis Ende der Blüte) sollte unbedingt angestrebt werden.
Um nun der artgerechten Fütterung gerecht zu werden, sollte man die Dinge, die im Heu und auf der Weide nicht zu finden sind, zufüttern. Dies betrifft vor allem Wurzeln, Rinden, Früchte, Samen und Blätter. Die Palette ist vielfältig und je vielfältiger man sich eine Kräutermischung fürs eigene Pferd zusammenstellt oder fertig kauft, desto besser und artgerechter ist es. Beispiele wären Karotte, Pastinake, Petersilienwurzel, Löwenzahnwurzel, Rote Beete, Birkenrinde, Weidenrinde, Rinden von Obstbäumen, Hagebutten, Weißdornbeere, Holunderbeeren, Johannesbeeren, Leinsamen, Schwarzkümmelsamen, Sonnenblumenkerne, Birkenblätter, Ginkoblätter, Brennessel…
Auch Ingwer und Meerrettich dürfen den Speiseplan ab und zu ergänzen, denn falls man mal eine Entzündung oder Infektion damit behandeln möchte, hat man keine Probleme mit dem Verweigern. Fertige Mischungen, die der natürlichen Mikronährstoffversorgung dienen wären Bio Multi-Fit und Bio Beeren-Mix.
Eine Mangelversorgung ist tatsächlich eher selten. Pferde sind an nährstoffarme Kost angepasst und solange nicht schon eine Erkrankung vorliegt oder das Pferd täglich mittel bis schwer belastet wird, ist diese Art der Fütterung ausreichend. In manchen Fällen kommt es allerdings vor, dass die Defizite im Heu so groß sind, dass diese selbst mit einer Optimierung der Darmflora und Kräutern nicht auszugleichen sind. (Heuanalyse machen lassen!) Erst hier sollte man Ergänzungen vornehmen, die mit Hilfe der Heuanalyse berechnet werden können. Sicher ist diese Form der Fütterung um einiges teurer als die standardisierte Mineralfuttergabe, aber letztlich lohnt es sich, denn chronische Vergiftungen oder Stoffwechselstörungen können mit dieser Fütterung verhindert werden. Auch Koliken und Magengeschwüren kann man vorbeugen.
Vielen Dank an Katrin Skaletz von Natürlich Pferd, Österreich