Gibt es überhaupt Cushing bei Pferden?
Die Bezeichnung „Equines Cushing Syndrom“ ist noch sehr weiter verbreitet, fachlich gilt sie mittlerweile aber nicht mehr als korrekt. Die richtige Diagnose beim Pferd lautet eigentlich „Pituitary Pars Intermedia Dysfunction“ (PPID) und bezeichnet eine Erkrankung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die zu vergleichbaren Symptomen führt, die Menschen mit einem Cushing Syndrom zeigen. Diese hat weitreichende Auswirkungen auf den Hormonstoffwechsel im gesamten Körper des Pferdes.
Denn die Hirnanhangsdrüse produziert das wichtige Hormon ACTH und gibt es in die Blutbahn ab. ACTH regt die Nebenieren dazu an, Cortisol freizusetzen. Cortisol ist ein körpereigenes Stresshormon mit Einflüssen auf den gesamten Stoffwechsel. Je mehr ACTH im Blut zirkuliert, desto mehr Cortisol setzt der Körper frei. Die Regulation der ACTH-Ausschüttung erfolgt durch den Botenstoff Dopamin, dessen körpereigene Bildung oft altersbedingt abnimmt.
Das hat zur Folge, dass auch die Regulation der ACTH-Synthese beeinträchtigt ist. Die Hirnanhangsdrüse gerät außer Kontrolle, der ACTH-Wert im Blut steigt und die Nebennierenrinde schüttet mehr Cortisol aus.
Eine Erkrankung mit vielfältigen Symptomen
Hormone übernehmen im Körper verschiedenste Aufgaben, daher zeigen sich bei Erkrankungen wie PPID vielfältige Symptome. Das für den Pferdebesitzer meist auffälligste ist das dichte, längere, oft auch wellige Haarkleid (Hirsutismus) verbunden mit einem erschwerten Fellwechsel im Frühjahr. Ebenso typisch für die Erkrankung sind Fettumverteilungen am gesamten Körper. Besonders prägnant sind häufig Fetteinlagerungen innerhalb der Kuhlen oberhalb der Augen. Gleichzeitig kommt es zu einem verstärkten Abbau von Muskulatur. Während Pferde im Anfangsstadium der Erkrankung oft noch übergewichtig sind, wird im weiteren Verlauf einer unbehandelten PPID auch Abmagerung zum Problem. Deutlich erkennbare Anzeichen dieser Entwicklung sind Senkrücken und Hängebauch.
Die wohl schwerwiegendste Folge des entgleisten Hormonhaushalts ist aber die Hufrehe, an der über die Hälfte der betroffenen Pferde erkrankt. Da diese hormonell bedingte Hufrehe nur schwer zu behandeln ist, ist die rechtzeitige Therapie einer PPID essenziell.
Weitere Anzeichen können sein:
- Leistungsschwäche, vermehrtes Schwitzen
- erhöhte Wasseraufnahme, vermehrter Urinabsatz
- Infektanfälligkeit, Wundheilungsstörungen
Diagnose und Therapie
Der erste Verdacht auf PPID erfolgt häufig durch die oben erwähnten charakteristischen Symptome. Auch bei Pferden, auf die alle der genannten Anzeichen zutreffen, sollte man vor Therapiebeginn jedoch immer den ACTH-Wert im Blut bestimmten lassen, um den späteren Therapieerfolg zu kontrollieren.
Bei der Diagnosestelllung beachtet der Tierarzt auch die jahreszeitlichen Schwankungen des ACTH-Werts, durch die der Wert auch bei gesunden Pferden im Spätsommer und Frühherbst steigt. Wichtig nach der Blutentnahme: ACTH ist in der Blutprobe sehr instabil, weshalb die Aufbereitung der Probe und die Übermittlung an das Labor so zügig wie möglich stattfinden müssen. Andernfalls kann es zu falsch niedrigen Werten kommen.
Obwohl PPID nicht heilbar ist, sind die Symptome therapierbar, sodass ein balanciertes Management bestehend aus Medikation und angepasster Fütterung für viele Pferde eine hohe Lebensqualität bietet. Medikamentös setzt man den Wirkstoff Pergolid ein, der das fehlende Dopamin ersetzt, sodass eine Regulation der ACTH-Ausschüttung wieder gewährleistet ist und sich der gemessene basale ACTH-Wert im besten Fall wieder dem Normbereich annähert.
Einen Zusatz – aber keinen Ersatz! – zu der konservativen PPID-Therapie bietet Mönchspeffer. Noch nicht vollständig erforscht, scheint er ähnlich dem Dopamin am Hypophysenzwischenlappen eine regulatorische Auswirkung auf die Ausschüttung von ACTH zu haben.
Die Fütterung an individuelle Ansprüche anpassen
Viele an PPID erkrankten Pferde neigen zu einer Insulinresistenz, das bedeutet, sie entwickeln eine weitere metabolische Erkrankung, die vor allem das Entstehen von Hufrehe begünstigt. Daher sind insbesondere Futterquellen zu vermeiden, die reich an leicht verdaulichen Kohlenhydraten sind – dazu gehören z.B. Stärke und Zucker. Diese fördern durch den starken Blutzuckeranstieg auch die Insulinausschüttung und damit das Hufreherisiko. Vor allem auf Getreide aber auch andere stärkereiche Futter wie Reiskleie sollte man deshalb verzichten. Am besten geeignet sind neben Heu kohlenhydratarme, rohfaserreiche Futter, die dennoch so energiereich sind, dass das Pferd einen guten Ernährungszustand hält. Da Pferde mit PPID zu Muskelschwund und Abmagerung neigen, sind eiweiß- und fettreiche Futtermittel wie Luzerne, Leinsamen oder Öle eine wertvolle Ergänzung.
Speziell zur Unterstützung der Muskulatur können Ergänzungsfuttermittel, die einen hohen Anteil essentieller Aminosäuren (wie Lysin, Methionin und Threonin) enthalten, die Ration bereichern. Aminosäuren sind die kleinsten Bausteine der Eiweiße und dienen daher unter anderem dem Aufbau und Erhalt der Muskulatur. Weitere Funktionen der kleinen Eiweißbausteine sind Bildung und Unterstützung von Zellmembranen, außerdem spielen sie zentrale Rollen im Stoffwechsel.
Ein auf erhöhte Bedarfssituationen angepasstes Mineralfutter sollte bei Pferden mit PPID die Versorgung mit allen wichtigen Mikronährstoffen, wie Zink, Kupfer, Selen und Vitamin E sicherstellen.
Betrachtet man den Ernährungs- und Gesundheitszustand jedes Pferdes individuell und passt die Fütterung bedarfsgerecht an, dann steht einem langen, glücklichem Pferdeleben trotz der PPID-Diagnose nichts im Wege.
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Daniela Hanke, B.Sc. Landwirtschaft
Juni 2021, © AGROBS GmbH
Quellen:
Handbuch Pferdepraxis, Olof Dietz, Bernhard Huskamp, 4. Auflage
Durham, A.E., McGowan, C.M., Fey, K., Tamzali, Y. and van der Kolk, J.H. (2014), Diagnosis and treatment of PPID. Equine Veterinary Education, 26: 216-223. doi:10.1111/eve.12160
Seasonal Changes in ACTH Secretion, A.E. Durham, The Liphook Equine Hospital Laboratory, Liphook, GU30 7JG
„Der Mönchspfeffer (Vitexagnus-castus L.), Behandlungsalternative beim Equinen Cushing Syndrom?“, Nicola Schröer, Gabriele Alber, Zeitschrift für Ganzheitliche Tiermedizin, 4.2012