Zuchtstuten bedarfsgerecht füttern

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Zuchtstuten bedarfsgerecht füttern -

Egal ob Tragzeit oder Laktation: Zucht bedeutet Mehrbedarf. Damit Zuchtstuten nicht übermäßig an Substanz verlieren und Fohlen den besten Start ins Leben haben, muss die Fütterung perfekt abgestimmt sein.

Wie nimmt das Futter Einfluss auf die Fruchtbarkeit?

Schon vor der Belegung spielt die Fütterung der Zuchtstute eine wichtige Rolle. Denn der Hormonstoffwechsel hängt eng mit anderen Stoffwechselprozessen zusammen und auch die Funktion der Eierstöcke wird von der Nahrungsaufnahme beeinflusst. Grundsätzlich sollten Stuten vor der Bedeckung weder zu dünn noch deutlich zu dick sein. Ist die Stute rippig, sinkt die Fruchtbarkeit, da der Körper noch vorhandene Reserven für sich selbst benötigt und nicht an potentiellen Nachwuchs abgeben kann. Stuten mit fortgeschrittenem Übergewicht hingegen entwickeln häufig Stoffwechselstörungen, die zu Problemen mit dem Zyklus führen. Schon im Winter sollte man daher darauf achten, dass die Stute in guter körperlicher Kondition ist, um die Chance auf eine erfolgreiche Belegung zu erhöhen. Der angestrebte Body Condition Score zum Decktermin liegt daher zwischen 5 und 6.

Für die Funktion der Eierstöcke spielt bei Pferden außerdem ß-Carotin offenbar eine Rolle: Diese Vorstufe des Vitamin A, auch Provitamin A genannt, kommt vor allem in jungem, intensiv grünem Gras vor. Die Aufnahme von jungem Gras kurbelt die Eierstöcke zusammen mit steigender Tageslichtlänge und Außentemperatur nach dem Winter wieder an. In der Natur hat das einen großen Vorteil: die Fruchtbarkeit ist nämlich so automatisch in dem Teil des Jahres am größten, wenn das Nahrungsangebot nach der kalten Jahreszeit wieder ausreichend reichhaltig ist. 
Während abgelagertes Heu vom Vorjahr meist eher niedrige Gehalte an ß-Carotin aufweist, sind mit Warmluft getrocknete Grünfutter (z.B. Pre Alpin ® oder Myo Alpin ® Fasern sowie Luzerne) auch im Frühjahr in vielen Fällen noch reich an ß-Carotin und daher eine sinnvolle Ergänzung vor der Belegung. Auch Karotten sind reich an ß-Carotin.

Gleichzeitig sollte die Stute auch alle anderen Mikronährstoffe vor und während der Belegung in bedarfsdeckenden Mengen aufnehmen, um die Chancen auf eine Trächtigkeit zu erhöhen. Insbesondere ein unausgewogenes Verhältnis zwischen Calcium und Phosphor sowie Selen-, Jod-, Vitamin-A- und Vitamin-E-Mängel scheinen einen negativen Effekt auf die Fruchtbarkeit zu haben. Deshalb sollten Stuten immer auch ein ausgewogenes Mineralfutter zusätzlich erhalten. Bei Grundfutter mit niedrigem Eiweißgehalt (z.B. spät geerntetes Heu) ist außerdem die Ergänzung der Aminosäuren Methionin und Lysin sinnvoll. 

Es hat geklappt: Die Stute ist tragend – muss ich die Fütterung umstellen?

In den ersten beiden Dritteln der Trächtigkeit wächst der Fötus nur sehr langsam heran. Die Fütterung der Stute muss man daher vorerst nicht umstellen – in den ersten Wochen nach der Belegung sollte man es sogar vermeiden. Die Fütterung unterscheidet sich vorerst also weiterhin nicht von der eines Reitpferdes. Das bedeutet: Ausreichend Raufutter (je nach Rasse mind. 1,5 – 2 kg Heu / 100 kg Körpergewicht), bei Bedarf Kraftfutter und zur Versorgung mit allen essenziellen Mikronährstoffen ein Mineralfutter.

Einige Kleinigkeiten sollte man dennoch beachten. Zum einen sollte die Stute zu Beginn der Trächtigkeit weder viel Körperfett verlieren noch zunehmen. Denn ein Energiedefizit, das zur Abnahme führt, kann auch zur Resorption der Frucht führen. Nimmt eine Stute während der Tragzeit stark zu, erhöht sich hingegen die Gefahr möglicher Schwergeburten. Da die Stute in den ersten beiden Dritteln der Trächtigkeit noch lange nicht „für Zwei frisst“, sollte man sie daher keinesfalls zu reichhaltig füttern, sondern sich weiterhin an einer leistungsgerechten Fütterung wie vor der Tragzeit orientieren. Nach Möglichkeit sollte die Stute weiterhin einen Body Condition Score von 5 bis 6 halten. Eine Stute, die schon im Folgejahr ein weiteres Fohlen bekommen soll, sollte eher bei Stufe 6 liegen, damit sie auch zum neuen Belegungszeitpunkt während der Laktation nicht zu dünn ist. Nimmt die Stute ab, sollte man Futter zulegen, baut sie zu viel Depotfett auf, kann man das Futter vorsichtig reduzieren. 

Im letzten Drittel geht es in die heiße Phase: Der Bedarf steigt rasant

Nach rund 200 Tagen Tragzeit beginnt das ungeborene Fohlen mit einem rapiden Wachstum: Ca. 90 Prozent seiner Körpermasse bei Geburt entwickeln sich erst ab diesem Zeitpunkt. Um Gewebe bilden zu können, benötigt der Fötus daher vermehrt Nährstoffe. Vor allem Energie und Eiweiß muss die Stute ab diesem Zeitpunkt in höheren Mengen aufnehmen, um nicht an ihren eigenen Reserven zehren zu müssen. Auch weitere Nährstoffe wie Calcium und Phosphor beansprucht das Ungeborene für sein späteres Skelett vermehrt für sich.

Die folgende Tabelle verdeutlicht, wie sich der Bedarf im finalen Drittel der Trächtigkeit bei einer beispielhaften Warmblutstute mit 600 kg Körpergewicht ohne zusätzliches Training steigert: 
 

Tagesbedarf Warmblutstute*, 600 kg Körpergewicht, nicht im Training

Energie* in ME MJ

pcv. Eiweißin g

Calcium in g

Phosphor in g

Nicht tragend bzw. bis zum 8. Monat

63

365

20

14

8. Trächtigkeitsmonat

70

430

27

19

9. & 10. Trächtigkeitsmonat

76

500

37

26

11. Trächtigkeitsmonat

90

670

60

43

Quelle: Gesellschaft für Ernährungsphysiologie. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden
*bitte beachten: Stuten anderer Typen (Vollblüter, Kaltblüter, Sonderrassen) haben auch bei gleichem Körpergewicht einen abweichenden Energiebedarf! Bei Unsicherheiten hilft unser Beratungsteam zu Fütterungsfragen rund um die Trächtigkeit gerne weiter.


Bis zum Ende der Trächtigkeit steigt der Energiebedarf um die Hälfte, der Eiweißbedarf verdoppelt sich knapp und Calcium und Phosphor benötigt die Stute sogar in dreifacher Menge. Ab dem 8. Monat sollte man die meisten Stuten daher schrittweise mit energie- und eiweißreicheren Futtermitteln zufüttern und außerdem auf ein Mineralfutter umsteigen, das auch Mehrbedarfssituationen problemlos abdeckt.

Optimale Energie- und Eiweißquellen für hochtragende Stuten

Die wichtigste Grundlage der Fütterung bleibt natürlich das Raufutter. Heu sollte der Stute unbegrenzt zur Verfügung stehen. Um das Grundfutter aufzuwerten, kann man neben Heu vom ersten Schnitt auch eiweißreicheres Heu vom zweiten Schnitt ergänzen. Insbesondere der Mehrbedarf an Energie, Calcium und Phosphor lässt sich durch ein hochwertiges Grundfutter mit gutem Nährstoffgehalt oft sogar noch ausreichend abdecken. Bei mangelnden Heuqualitäten kommen Pre Alpin Bio  Wiesencobs, Pre Alpin Wiesenflakes und Myo Protein Flakes als hochwertige Ergänzung infrage. 

Exkurs: Traditionelle Getreidemengen mit Vorsicht genießen

Die tägliche Fütterung mehrerer Kilogramm Getreide an hochtragende Stuten hat eine lange Tradition. Doch eine Überversorgung mit Stärke birgt Risiken. Zum einen für die Stute, deren Magen eine exzessive Getreidefütterung belastet und deren Insulinstoffwechsel sich während der Trächtigkeit verändert (Trächtigkeits-bedingte Insulinresistenz). Aber auch für das ungeborene Fohlen scheint die übermäßige Versorgung mit Blutzucker über die Plazenta nicht ohne unerwünschte Effekte zu sein: Unterschiedliche Studien legen nahe, dass Fohlen von Stuten, die während der Trächtigkeit große Mengen Getreide erhielten, häufiger krankhafte Veränderungen an Knochen und Gelenkknorpel entwickelten. Auch eine spätere Insulinresistenz zeigten Nachkommen stärkereich gefütterter Stuten öfter. Das könnte daran liegen, dass Stoffwechsellagen mit hohen Blutzuckerspitzen Entzündungsprozesse im Körper begünstigen.

Daher gilt auch für Zuchtstuten die Empfehlung, dass sie nicht mehr als 1 g Stärke pro Kilogramm Körpergewicht und Mahlzeit aufnehmen sollten. Das entspricht bei einer Warmblutstute mit 600 kg zum Beispiel 1,5 kg Hafer in einer Mahlzeit. Pro Tag sollte es nicht mehr als die doppelte Menge sein, also 3 kg Hafer pro Tag aufgeteilt auf mindestens zwei Mahlzeiten. Als alternative Energiequelle sind auch für Zuchtstuten Fette interessant. Gerade Fette mit hohem Omega-3-Fettsäuregehalt wirken Entzündungsprozessen entgegen und unterstützen die Funktion von Zellmembranen. Das kann positive Effekte auf den Stoffwechsel von Stute und Fohlen haben.

Heu alleine reicht je nach Qualität und Rasse der Stute jedoch nicht immer aus, um den Energie- und vor allem auch Eiweißbedarf der tragenden Stute zu decken. Als ergänzende Kraftfutter mit moderatem Stärkegehalt bei hochwertigem Eiweiß- und Fettgehalt eignet sich Haferwiese Sportmüsli. Sehr wenig Stärke bei gutem Energiegehalt und hochwertigem Eiweiß- und Fettgehalt liefern AlpenGrün Seniormüsli und AlpenGrün Mash. Viel Eiweiß und Calcium enthalten Luzernecobs. Eiweißergänzer mit sehr gutem Aminosäuremuster sind außerdem Amino Pur und Bierhefe Pur. Wertvolle Omega-3-Fettsäuren und viel Energie liefert OMEGA3 Pur. Um auch den erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen abzudecken, empfehlen wir spätestens ab dem 8. Monat außerdem als Mineralfutter unser Seniormineral.

Kurz vor dem Abfohlen nehmen Stuten in der Regel deutlich weniger Futter auf, der Appetit lässt nach. Das ist bis zu einem gewissen Grad normal und nicht besorgniserregend. Nimmt eine Stute nicht von sich aus deutlich weniger Raufutter auf, sollte man regulierend eingreifen und das Heu rationieren. Denn während der Geburt sollte der Verdauungstrakt nicht überladen sein. Vorsicht bei Stroheinstreu: Besonders verfressene Stuten sollten auf Einstreu gestellt werden, die sie nicht fressen.

In der sensiblen Zeit um den Abfohltermin sollte man immer ein besonderes Augenmerk auf mögliche Kolikanzeichen legen. Denn die Darmtätigkeit ist vor und nach der Geburt besonders störanfällig. Hier kann Leinkuchen regulierend helfen, z.B. aus unserem AlpenGrün Mash. Auch eine ausreichende Salzaufnahme ist wichtig (Salzleckstein). Sobald das Fohlen geboren ist und die Stute keine Verdauungsprobleme zeigt, kann man das Raufutter wieder zur freien Verfügung anbieten.

Das Fohlen ist da: Alle Energie fließt nun ins Lebenselixier Milch

Schon vor dem Abfohlen beginnt die Stute mit der Milchbildung. Die erste Milch nach der Geburt ist für das Fohlen von besonders großer Bedeutung: Das Kolostrum, auch Biestmilch genannt, unterscheidet sich auch optisch stark von der späteren Milch. Es versorgt das Fohlen, dessen Immunsystem nach der Geburt noch nicht voll ausgereift ist, mit wichtigen Antikörpern. Bezüglich des Kolostrums gibt es vor dem Abfohlen neben der bedarfsdeckenden Fütterung noch einen weiteren Faktor zu beachten: Damit das Fohlen auch speziell gegen die Keime seiner neuen Umgebung geschützt ist, sollte man die Stute in den letzten zwei Wochen vor dem Abfohlen nicht mehr umstallen. Denn ein Teil der Antikörper, die die Stute in dieser Zeit in das Kolostrum abgibt, ist „stallspezifisch“. Sie schützen das Fohlen vor genau den Umgebungskeimen, mit der die Stute in dieser Zeit Kontakt hatte.

Nach der Geburt finden gesunde Stuten schnell zu ihrem alten Appetit zurück. Das ist auch wichtig, denn der Bedarf der Mutterstute steigt durch die angekurbelte Milchbildung noch einmal rasant an. Um das zu verdeutlichen, sehen wir uns noch einmal den Bedarf unserer beispielhafte Warmblutstute im Vergleich zu ihrem Erhaltungsbedarf ohne Fohlen an:

Tagesbedarf Warmblutstute*, 600 kg Körpergewicht, laktierend, nicht im Training

Energie* in ME MJ

pcv. Eiweiß in g

Calcium in g

Phosphor in g

Erhaltungsbedarf ohne Fohlen

63

365

20

14

30. Tag der Laktation

126

1000

62

43

60. Tag der Laktation

123

915

55

37

120. Tag der Laktation

112

765

45

29

Quelle: Gesellschaft für Ernährungsphysiologie. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden
*bitte beachten: Stuten anderer Typen (Vollblüter, Kaltblüter, Sonderrassen) haben auch bei gleichem Körpergewicht einen abweichenden Energiebedarf! Bei Unsicherheiten hilft unser Beratungsteam zu Fütterungsfragen rund um die Laktation gerne weiter


Zum Ende des ersten Laktationsmonats liegt der Energiebedarf im Vergleich zur Erhaltung doppelt so hoch, der Eiweißbedarf ist sogar über zweieinhalbmal so hoch. Der Calcium- und Phosphorbedarf sind wie am Ende der Trächtigkeit noch verdreifacht. Nach dem ersten Monat sinkt der Bedarf dann langsam wieder. 

Gut versorgt im Stall und auf der Weide

In Stallhaltung benötigt die Stute neben frei verfügbarem Raufutter nun noch mehr Kraftfutter mit gutem Eiweißgehalt, um ihren Bedarf zu decken. Grundsätzlich sind während der Laktation die gleichen Kraftfutter empfehlenswert, wie während der Hochträchtigkeit. Die Mengen des Zusatzfutters sollte man bis zum 30. Tag der Laktation daher dem Bedarf angepasst steigern, damit die Mutterstute nicht zu sehr abbaut. Ein gewisser Substanzverlust in dieser Zeit ist jedoch normal.

Gerade Stuten, die schon in der ersten Rosse nach der Geburt wieder aufnehmen sollten, dürfen aber keinesfalls zu dünn werden. Denn wir erinnern uns: Ab einem Body Condition Score unter 5 sinken die Chancen auf eine erneute Trächtigkeit. Bei übergewichtigen Stuten kann man die Zeit nach dem Abfohlen hingegen für eine vorsichtige Gewichtsreduktion nutzen – damit sie primär Fett und nicht Muskulatur abbaut, sollte man aber auch nicht zu knapp füttern und auf eine Eiweißergänzung nicht verzichten. 

Sobald witterungsbedingt das Anweiden möglich ist, ist natürlich auch das junge Weidegras eine gute Energie- und Eiweißquelle. Mit der richtigen Weidepflege (Verlinkung Themenweltartikel Weidepflege) können ausreichend große Flächen mit gutem Bewuchs bei reiner Weidehaltung sogar den Bärenanteil der täglichen Nahrung ausmachen. Dann kann man Kraftfutter einsparen, je nach Rasse manchmal sogar ganz darauf verzichten. 

Gleichzeitig ist diese Form der Haltung in Gesellschaft mit anderen Mutterstuten und Fohlen natürlich auch die optimale Haltungsform für die Entwicklung der Nachzucht. Nicht vergessen darf man aber auch auf der Weide die tägliche Ergänzung eines bedarfsdeckenden Mineralfutters. Von Minerallecksteinen raten wir aufgrund der unkontrollierten Aufnahme ab. Ein reiner Salzleckstein sollte hingegen für die Stuten, nicht aber die Fohlen erreichbar sein. 

In den ersten zwei Lebensmonaten deckt das Fohlen seinen Nährstoffbedarf noch ausschließlich über die Milch. Dann beginnt es spielerisch auch selbst feste Nahrung aufzunehmen. Durch Beobachten und Mitfressen bei der Mutterstute lernt es, was fressbar ist und was nicht. Ab dem dritten Monatkann man daher auch damit beginnen, das Saugfohlen schrittweise mit angepassten Mengen Kraft- und Mineralfutter vertraut zu machen. Das garantiert in Sachen Ernährung den besten Start ins Leben und legt die Weichen für ein gesundes, belastbares, zukünftiges Reitpferd. 


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Celina Hofmann, Tierärztin
Januar 2022, © Agrobs GmbH

Quellen: 
-    Coenen, M.; Vervuert I.: Pferdefütterung. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, 2020
-    Gesellschaft für Ernährungsphysiologie. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden. DLG Verlag, 2014
-    Robles, M., Hammer, C., Staniar, B., & Chavatte-Palmer, P. (2021). Nutrition of Broodmares. Veterinary Clinics of North America: Equine Practice, 37(1), 177–205. doi:10.1016/j.cveq.2021.01.001


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